Bachelorarbeit-Bericht Nr. 23
Sie lesen einen älteren Blogeintrag. Bitte beachten Sie, dass die hierin enthaltenen Informationen technologisch veraltet sein können. Dieser Text spiegelt nicht unbedingt meine aktuellen Meinungen oder Fähigkeiten wider.
Dies ist die originale deutsche Version dieses Textes. Er ist auch als englische Übersetzung verfügbar.
6. Dezember 2010
Willkommen zum dreiundzwanzigsten und letzten (!) Bericht zu meiner Bachelorarbeit zum Thema Teachlets. Ein Lebensabschnitt geht zuende… Heute ist der große Tag: der Tag der Abgabe, der Tag der Veröffentlichung. In diesem Sinne bin ich hocherfreut, euch ohne weitere Ausschweife präsentieren zu können:
Das Teachlet-Konzept: Möglichkeiten und Grenzen einer Lehrform für Software-Entwurfsdiskussionen (INFDok)
In den letzten paar Berichten habe ich schon ziemlich viel über die letzten Schritte vor dem Veröffentlichen erzählt, deshalb kommen heute folgerichtig Infos zur Abgabe und Veröffentlichung an sich, gefolgt von einem Fazit über diese Berichte.
Wie eine Bachelorarbeit ihren Weg ins Studienbüro findet
Die eigentliche Abgabe der Arbeit war letztendlich ungeheuer unspektakulär. Ich bin heute extra früher aus einer Veranstaltung raus um zur Öffnungszeit des Studienbüros (13 Uhr) dort zu sein, wo ich dann auf Frau Wilsdorf traf, die mir meine drei gebundenen und unterschriebenen Exemplare plus CD-ROM abgenommen hat. (Weil heute Nikolaus ist, hab ich auf jede Arbeit einen kleinen Schoko-Weihnachtsmann geklebt, das fand sie ganz witzig. Danke an Janina für diese lustige Idee!) Nach knapp 15 Sekunden war's das auch schon wieder – keine Fanfaren, kein Konfetti… Naja, jetzt hab ich das ganze Unternehmen jedenfalls komplett hinter mir und kann in Ruhe auf die Gutachten meiner Betreuer warten. Ich hoffe, dass ich mein Bachelorzeugnis auf der Absolventenverabschiedung im Januar bereits bekommen kann – meines Wissens nach gibt es die zwei mal im Jahr, diese wäre dann der „großen“ im Sommer genau entgegengesetzt.
Veröffentlichung einer Abschlussarbeit
Über das pro und contra einer Veröffentlichung einer Bachelorarbeit wurde hier bereits mehrfach diskutiert. Besonders Veröffentlichungen von Vorabversionen sind nicht unstrittig, aber darüber wurde im Zusammenhang mit dem Themenblock Feedback hier schon genug geschrieben. Heute geht es mir um die Veröffentlichung der fertigen Version, wie sie bei mir jetzt erfolgt ist. Denn dagegen spricht in meinen Augen so ziemlich gar nichts.
Ich kann mir zwei Fälle vorstellen, in denen ich es verstehen kann, wenn jemand seine Abschlussarbeit nicht veröffentlichen möchte. Das eine ist eine Arbeit bei einer externen Firma, die gegen eine Veröffentlichung über den nötigen Rahmen hinaus aus Geheimhaltungsgründen Einwände hat. (Ob man sich als Student darauf einlassen möchte, ist die andere Frage, aber wenn es so kommt, dann muss man natürlich konsequent sein.) Das andere ist eine Arbeit, die lediglich mit dem Anspruch auf ein „bestanden“ geschrieben wurde und mit der der Verfasser nie wieder in Verbindung gebracht werden möchte. Ich kenne solche Situationen, in denen ich für eine Studienleistung nur das Nötigste gebe, weil mir das Lernziel am Allerwertesten vorbeigeht, das kann vorkommen. Aber bei einer Bachelorarbeit sollte es die absolute Ausnahmen sein, oder?
Dem gegenüber stehen die vielen Gründe, die eigene wissenschaftliche Arbeit von vornherein offen zu legen, von denen ich nur mal ein paar aufzählen möchte:
- Leute interessieren sich dafür. Es stimmt wirklich. Seit etwas über einem halben Jahr stelle ich meinen ganzen Kram hier auf meine Webseite und ich bekomme immer wieder Rückmeldungen und Anfragen dazu – größtenteils von Kommilitonen, klar, aber auch schon von Personen aus anderen Teilen Deutschlands und aus anderen Ländern der Welt (!). Leute kommen per Suchmaschine auf meine Webseite, weil sie irgendwas suchen, worüber ich mal einen Vortrag gehalten und die Folien hier online gestellt habe. Das macht mich schon ein wenig stolz. Vor ein paar Wochen bekam ich eine Mail von einem Menschen, der in meiner Seminararbeit „viele interessante Ansätze“ gesehen hatte und mich fragte, ob er mich für einen Job als Softwareentwickler in Hamburg begeistern könne. Viele Studenten glauben, dass sich niemand dafür interessiert, was sie machen – gerade so als ob erst nach dem Studium irgendein Schalter umgelegt wird und man dann „richtige“ Wissenschaft machen kann. Das ist falsch Leute, eure Ergebnisse sind wertvoll!
- In Zeiten des Internets liegen die Kosten dafür, einen Text zu veröffentlichen, sehr, sehr nahe bei Null. Wer keine eigene Webseite hat, kann immer noch auf externe Unterstützung zurückgreifen, in der Hamburger Informatik z.B. auf INFDok (siehe unten). In der Vergangenheit und bis heute hat die Wissenschaft viel Zeit und Ressourcen dadurch verloren, dass Dinge mehrfach entdeckt und erforscht wurden, weil Leute einfach veröffentlichungsfaul waren. Warum?
- Der Löwenanteil meines Studiums bezahlt trotz Studiengebühren nach wie vor die öffentliche Hand, also der Steuerzahler. Das geschieht in der Hoffnung, dass ich später mal mit meiner fachlichen Bildung ordentlich etwas für den Standort Deutschland tue, klar. Aber wer mich kennt, weiß, dass ich nicht gerne Schulden habe. Deshalb finde ich es sinnvoll, der Öffentlichkeit schon jetzt zurückzugeben, was ich durch mein Studium erreiche. Meine Bachelorarbeit ist ein handfestes Ergebnis von „wissenschaftlicher Relevanz“, das jeder für weitere, darauf aufbauende Wissenschaft verwenden kann. So sollte der Laden funktionieren.
Weil ich an eine frei zugängliche wissenschaftliche Welt glaube, veröffentliche ich meine Bachelorarbeit unter CC-BY-SA. Dem Thema „Was für Lizenzen gibt es und wofür sollte ich sie verwenden?“ werde ich mal einen eigenen Blogeintrag widmen. Hier nur so viel: Diese Lizenz erlaubt es jedem Leser, das Dokument weiter zu verteilen und darauf aufbauende Arbeiten zu schreiben, solange mein Name dabei genannt wird und die Ergebnisse wieder unter einer solchen freien Lizenz stehen („Copyleft“).
INFDok
Die Informatik-Bibliothek betreibt einen Volltext-Server für wissenschaftliche Arbeiten, die an unserem Fachbereich entstehen. Dort können auch Studierende ihre Arbeiten veröffentlichen (allerdings nur, wenn ein Professor oder ein wissenschaftlicher Mitarbeiter die wissenschaftliche Relevanz der Arbeit bestätigt). Das ist ziemlich unproblematisch und ich habe das direkt mal in Anspruch genommen. Die Vorteile dieses Services zitiere ich von der Bibliotheks-Webseite:
- sofortige weltweite Verfügbarkeit der Veröffentlichung ohne Verzögerung durch Herstellung, Druck und Vertrieb,
- langfristige Archivierung mit einer dauerhaft stabilen und zitierfähigen Internetadresse,
- kostenlose Publikationsmöglichkeit für den Autor,
- Volltextsuche über die gesamte Publikation,
- formale und inhaltliche Erschließung über die Informatik-Bibliothek,
- bibliographischer Nachweis im Online-Katalog der Bibliothek sowie in überregionalen Bibliotheksverzeichnissen.
- Für eine Autorin oder einen Autor bietet sich mit INFDok die Chance, ein zentrales elektronisches Volltext-Archiv seiner Publikationen aufzubauen.
- Alerting-Dienst per RSS-feed über die neuesten Publikationen
- Schnittstellen zu Open-Access-Suchmaschinen
- Zugriffsstatistik
Der Spaß ist komplett kostenlos und wird von der Informatik-Bibliothek betreut, die ja ohnehin für ihren entgegenkommenden Service bekannt ist. Die Idee eines Open-Access-Katalogs finde ich persönlich großartig – und hey, ich bin nicht alleine, siehe Open-Access-Award 2010. Ich kann nur mit Nachdruck für das Projekt werben und euch ermutigen, eure Arbeiten dort bereitzustellen. Das Bibliothekspersonal berät euch dazu sicher gerne! In dem Zusammenhang möchte ich mich ganz herzlich bei Frau Obernesser bedanken, die sich bereit erklärt hat, die Veröffentlichung der Arbeit heute synchron mit meiner eigenen durchzuführen und auch sonst während des Prozesses immer hilfsbereit war.
Noch ein bisschen Meta
Mit der heutigen Abgabe und Veröffentlichung der Arbeit enden auch die wöchentlichen Fortschrittsberichte. Ich muss sagen, dass ich viel Spaß dabei hatte, die Entstehung zu dokumentieren! Zu Anfang gab es ja Unkenrufe, ob sich das lohnt und ob es überhaupt jemanden interessiert. Ich kann nur sagen, dass ich vorher froh gewesen wäre, wenn schon mal jemand aufgeschrieben hätte, wie das so ablaufen kann. Dass es da Bedarf gibt, hat ja auch der letzte fb18-Thread zum Thema wieder gezeigt.
Außerdem haben die Berichte wirklich dazu beigetragen, mich vor allem in der heißen Phase von Woche zu Woche immer wieder zu motivieren. Die unangenehme Situation, längere Zeit untätig zu sein und dann in Zeitnot zu kommen, konnte ich so glücklicherweise vermeiden. Dazu kommt, dass es mir viel gebracht hat, alles immer wieder zu reflektieren. Ich habe die Berichte genutzt, um mir Dinge vorher zu überlegen und hinterher zu reflektieren und noch weiter zu verbessern. Ich bin mir recht sicher, dass sich das positiv auf die Gesamtqualität der Arbeit ausgewirkt hat. Nicht zuletzt habe ich auch einiges an Feedback von euch, meinen Lesern, bekommen, das mir ebenfalls weitergeholfen hat. Insgesamt habe ich das Schreiben nie als Last empfunden, da ich meist in Form eines einfachen Bewusstseinsstroms alles geschrieben habe, was mir so in den Sinn gekommen ist. Ich tippe noch nicht mal besonders schnell, aber mehr als eine halbe Stunde oder eine Stunde habe ich selten investiert.
Es ist immer schön, wenn wenig Arbeit viel erbringt, von daher ist die Nachahmung ausdrücklich empfohlen. Ich bin neugierig, wie eure Abschlussarbeiten so laufen. Es soll ja auch niemand denken, dass mein Weg der einzig richtige wäre. Wer macht es mir nach?
Auf in die Zukunft
Das Studium geht weiter und die nächste Abschlussarbeit kommt bestimmt. Bis dahin wird mein Blog wieder in unregelmäßigen Abständen mit Inhalten zu Themen befüllt, die mich interessieren. Behaltet diese URL im Auge (oder diese) oder abonniert meinen Feed, damit ihr nichts verpasst. Falls euch das Thema interessiert, lest meine Bachelorarbeit und verteilt sie weiter. Vielen Dank für eure Treue! Man sieht sich!
– Julian